2010-03-18: The A B C & D of Boogie Woogie

Metropol, Vienna, Austria


In “Boogie Woogie“ sind grundsätzlich 6 Buchstaben enthalten; das A B C & D Of Boogie Woogie hat nun bewiesen, dass sogar nur 4 für eine exzellente Show absolut ausreichen können: A für Axel (Zwingenberger), B für Ben (Waters), D für Dave (Green) und natürlich das C von den Rolling Stones – Charlie Watts.

 


Man darf nicht den Fehler begehen und eine der seltenen Shows von ABC & D nur der Gelegenheit wegen besuchen, einem Rolling Stone näher als 100 Meter zu kommen; Axel Zwingenberger, zusammen mit Vince Weber die Boogie-Elite aus Hamburg, muss nicht extra vorgestellt werden – er ist wahrscheinlich der Musiker, mit dem man den Begriff “Boogie Woogie” im deutschsprachigen Raum überhaupt verbindet. Ben Waters ist meines Wissens nach in Großbritannien sehr gut bekannt, war aber zuvor noch nie in Österreich. Aus seiner Feder stammt sogar ein “Handbuch zum Rock & Roll Piano” und er ist einfach ein phantastischer RnR & Boogie-Pianist. Am Bass, Dave Green, ein Jazzer, der seit vielen Jahren mit Charlie Watts spielt, ein Top-Bassist, dessen Solos allein das Eintrittsgeld wert sind. In dieser Besetzung war die Band für drei Abende im Metropol in Wien-Hernals gebucht.

 

Axel eröffnete die Show mit zwei Boogies, gefolgt von Ben Waters, dem eigentlichen Hauptmusiker des ersten Sets; Charlie Watts und Dave Green betraten die Bühne erst etwa 20 Minuten später.  Verglichen mit den Fotos von Ben’s Website besteht ein enormer Kontrast zu dem Musiker an diesem Abend: nicht der ernste Mensch, sondern spitzbübisch war es, wie er sich mit dem Publikum unterhielt, bei dem seine Art so gut ankam wie sein Pianostil. Die meiste Zeit hob er während des Spielens das Klavier mit den Knien an, was die Musik buchstäblich “shaken” ließ. Ich hatte das Glück, das Konzert aus der ersten Reihe Mitte verfolgen zu dürfen, vom mit Abstand besten Platz. Charlie Watts zum Beispiel verlor mehrmals einen Spannschlüssel seines Drumkits, bis er ihn schlussendlich in seine Tasche steckte. Ein Wort zu Charlie Watts: sein Verhalten bewegt sich irgendwo zwischen dem Rang des Weltstars, den er als Schlagzeuger der Rolling Stones einnimmt und dem umgänglichen Menschen, der er meiner Einschätzung nach wirklich ist. Er ist eine ganz andere Persönlichkeit als etwa sein Bandkollege Jagger (der schon vor langer Zeit vom Musiker zum Geschäftsmann mutiert ist, ein Manager mit Methoden ähnlich früher Led Zeppelin’s Peter Grant). Es ist natürlich für Charlie nicht möglich, nach dem Konzert ein richtiges Bad in der Menge zu nehmen, die Fans würden ihn buchstäblich vor Begeisterung erdrücken. So signierte er immerhin einige von den Fans mitgebrachte Sachen direkt von der Bühne, verschwand jedoch sofort im Anschluss. Ich hatte das Glück, sogar zwei Unterschriften zu bekommen, meine Freude darüber ist riesig, auch darüber, alle diese tollen Musiker aus dieser Nähe sehen zu können. Übrigens: Charlie Watts benutzte ein Drumset, das sogar älter war als er selbst, ein Slingerland Radio King, hergestellt 1940. In dieser Qualität sind nicht mehr allzu viele Kits bekannt, dieses hatte er sich von einem der besten österreichischen Blues- und Jazz-Drummer ausgeliehen, ja von wem wohl?

 

Der zweite Teil des Konzertes brachte eine faszinierende Dame auf die Bühne: Lila Ammons, die Enkelin der Boogie-Woogie-Legende Albert Ammons. Sie war extra für diese Auftritte aus den USA angereist und sie war einfach jeden Reisekilometer wert! Lila ist eine faszinierende Persönlichkeit, “redet viel zu viel”, wie sie über sich selbst sagte, aber – der Blues ist in ihr verwurzelt! Es ist nicht allein ihr Gesang, wie sie sich gibt oder mit dem Publikum unterhält – die Summe dieser Faktoren ergeben ihre sympathische Persönlichkeit. Aus ihrer Performance ist deutlich die Freude herauszuhören, dem Publikum Lieder von Sippie Wallace und anderen “female Blues classics” vorzutragen – und das begeistert! Es bleibt zu hoffen (und der Eindruck war da!), dass auch sie hier Spaß genug hatte, um recht bald mit einem abendfüllenden Programm wiederzukommen.
Songs an diesem Abend:  Evolution Blues (P. Joseph), Blueberry Hill (A.Domino), Suitcase Blues, Swanee River Boogie (A.Ammons), Jenny Jenny Jenny (Johnson, Enotris,R.Penniman), Oreo Cookie Blues (Lonnie Mack), How Long Blues (Leroy Carr), Women Be Wise (S. Wallace), You Got to Know How, St. Louis Blues (W.C. Handy), u.v.a.

 


Neue CDs (beide über www.boogiewoogie.net):

Lady sings the Boogie Woogie – Lila Ammons & Axel Zwingenberger

The Magic of Boogie Woogie – Axel Zwingenberger, Charlie Watts, Dave GreenWebsite: www.benwaters.com


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